FERNSEHSENDER FÄHRT AUF „TRUCKER BABE“ ANGIE AB

*Aachner Zeitung – Lokalteil, September 2019 – von Robert Esser

Sechs Kameras begleiten Lkw-Fahrerin Angelika Scherer bis nach Mallorca. Ihr Job im 40-Tonner gilt noch immer als exotisch.

AACHEN Stahlblau glänzen die langmanikürten Fingernägel, genau – so ,wie der Lkw-Lack. Wer Angelika, genannt „Angie“, Scherer zum ersten Mal trifft, würde ihren Arbeitsalltag kaum am Lenkrad eines 40 Tonnen schweren Sattelzugs vermuten. Genau deshalb gehört sie wohl zu den Idealbesetzungen der aktuellen Staffel „Trucker Babes – 400 PS in Frauenhand“ des Fernsehsenders Kabel 1.

Am Sonntag, 29. September, 20:15 Uhr, ist auf der Mattscheibe zu sehen, wie die 59-jährige Fahrerin der Spedition Josef Schumacher aus der Städteregion Aachen Richtung Spanien aufbricht: Würselen, Meschede, Mallorca – 1200 Asphaltkilometer plus Fährfahrt in vier Tagen. Immer im Schlepptau: ein Kabel-1-Team von Storyhouse Productions, das Angie hautnah begleitet. Vier Kameras wurden für die Aufnahmen in der Fahrer(innen)kabine montiert, dazu gab’s zwei weitere Kameras für Außenaufnahmen.

Erzählt wird der technische Arbeitsablauf, der Alltag auf der Autobahn, aber auch viel Persönliches. Angie, die sich stets jovial duzend mit Vornamen vorstellt, schildert ihre Kindheit in Finsterwalde, ihren Weg von Brandenburg in den Westzipfel Deutschlands, ihr Leben als alleinerziehende Mutter eines inzwischen
18-jährigen Sohnes. Emotionen müssen sein. „,Am Anfang irritiert das mit den vielen Kameras schon, man benimmt sich erst ziemlich steif – und dann vergisst man die Kameras“, erklärt Angie. Frauen am Steuer gewaltiger Sattelzüge sind auch im Jahr 2019 noch exotisch; also bester Fernsehstoff. Knapp zwei Millionen Zuschauer schalten regelmäßig ein.

Immer im Fokus der Fernsehkameras: Die Tour von Angelika Scherer nach Mallorca zeigt Kabel 1 am kommenden Sonntag, 20:15 Uhr.

(FOTO: STORYHOUSE PRODUCTIONS)

Normalerweise rollt Angie mit Schokoladenbergen auf der Ladefläche durchs Land. Fürs Fernsehen übernahm sie eine Tour nach Palma de Mallorca via Logispeed S.L. Natürlich mit deutschem Bier auf der Ladefläche, Gesamtgewicht 38 Tonnen. „Ich fahre seit 27 Jahren Lkw und Sattelzüge, das liegt mir einfach im Blut“, sagt Angie. „Ich liebe es, unterwegs zu sein. Dass man als Frau – heute seltener als früher – beim Aufnehmen der Ladung von Arbeitern schon mal komisch angeguckt wird, stört mich überhaupt nicht“, fügt sie hinzu. Auch in ihrer Spedition ist sie die einzige Frau am Lenkrad unter fast 100 Fahrern. Deutschlandweit liege der Anteil der Truckerinnen bei kaum zwei Prozent, rechnet sie vor. „Dabei fahren Frauen natürlich genauso gut wie Männer, vielleicht sind sie sogar etwas feinfühliger“, meint Angie. Ihren fast 17 Meter langen Sattelzug – das entspricht vier VW Golf – rangiert sie rückwärts spielend in jede Lücke. „Meistens in einem Zug, an schlechten Tagen so wie jeder andere Fahrer auch mit leichten Korrekturen, das passt“, sagt sie. Angie ist Actionfilm-Fan. Rund 45.000 Kilometerrollt sie Jahr für Jahr landauf, landab im Lkw. Und steht stundenlang: im Stau auf der Autobahn, in der Warteschlange vor großen Logistikzentren zum Auf- und Abladen. „Ich bin die Ruhe selbst“, erklärt sie.

„Ich lasse mich nicht nerven, auch nicht durch waghalsige Überholmanöver von Autos auf der Straße.“ Zumal der Job im Cockpit der Transportboliden in den vergangenen Jahren durchaus komfortabler wurde. „Als ich anfangs auf dem Bock saß, musste ich zwischen neun und 18 Gänge von Hand schalten – heute ist Automatikgetriebe in modernen Lkw Standard“, vergleicht Angie. Alles „easy“, entspannt und einfach: Countrymusik hört sie dann gerne am Lenkrad, in jüngster Zeit auch Popschlager von Sänger Ben Zucker. Vor allem dessen Lied „Der Sonne entgegen“ hat es Angie angetan. Fernweh ist bei ihrem Job inklusive. Gerne würde sie einmal einen typisch amerikanischen Truck mit viel Chrom, PS und langer Motorhaube pilotieren. „Ein Traum!“, sagt sie. Und glänzen muss er natürlich; das Fahren selbst wäre wohl nur noch eine Fingerübung…